Aktuelle Themen dieser Ausgabe:
- Der aktuelle Stand zu COVID19
- Aktuelles zur Praxisorganisation
- Wann macht der Abstrich auf SARS-CoV2 Sinn, wer trägt die Kosten und wie reagiere ich richtig auf die Abstrichaufforderung der Corona-Warn-App?
- Keuchhusten-Impfung nun auch in Deutschland während der Schwangerschaft empfohlen
- Aktuelle unsinnige Entscheidungen im deutschen Gesundheitswesen
- Die Praxis-Information ab sofort auch im E-Mail-Newsletter und auf Facebook
Diesen Newsletter gibt es auch als PDF zum Download: https://hausarzt-puetz.de/news/Praxisrundbrief_2020-III.pdf
Ferner liegt er ausgedruckt in der Praxis aus.
Liebe Patientinnen und Patienten!
Die Corona-Pandemie verlangt uns viel ab. Ob alle von der Politik getroffenen Entscheidungen richtig waren, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Aktuell wissen wir eigentlich nur, dass wir nicht genug wissen und so ist Vorsicht definitiv besser als Nachsicht. Die aktuellen Erkenntnisse habe ich in dieser Information für Sie zusammengefasst. Bei der Gelegenheit weise ich auch nochmal auf die notwendigen Verhaltensregeln für Patienten beim Aufsuchen der Praxis hin.
Im Bereich der ambulanten Gesundheitsversorgung haben wir seit März quasi im Wochentakt Änderungen bei den Abrechnungsregeln und der Diagnosecodierung. Die Bürokratie hat sich nicht nur gefühlt vervielfacht. Daran tragen aber auch Politik und Gesundheitsämter eine große Mitverantwortung, indem z.B. ungeprüft behauptet wird, Arztpraxen könnten auch symptomlose Personen auf SARS-CoV-2 testen. Wir sind dadurch leider gezwungen aufwändige und unbezahlte Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch zu diesem Thema nehme ich später noch einmal ausführlicher Stellung.
In Niederkassel gibt es eine neue Hausärztin und mittlerweile auch eine Kardiologin. Damit haben wir zwar immer noch freie Hausarztsitze in Niederkassel, gelten aber offiziell nicht mehr als unterversorgt. Da 1/3 der niedergelassenen Ärzte in Deutschland aber bereits über 60 Jahre alt sind und aktuelle Entscheidungen von Politik und Selbstverwaltung eher als niederlassungsfeindlich gewertet werden müssen, droht immer noch ein Ärztemangel. Diesbezüglich hat die Politik in der aktuellen Legislaturperiode leider keine Verbesserungen erreicht. Die einzige Chance ist jetzt die komplette Abschaffung von Budgets und Regressen und eine feste betriebswirtschaftlich kalkulierte Honorierung ärztlicher Arbeit. Hoffen wir, dass es noch nicht zu spät ist, bevor das System zusammenbricht.
Ihr Dominik Pütz
Der aktuelle Stand zu COVID19
Aufgrund der hohen Dunkelziffer und der geringen Erfahrung mit dem Erreger machen statistische Daten hier wenig Sinn. Daher habe ich einige aus meiner Sicht sinnvolle Sachinformationen zusammengestellt:
- COVID19 nennt man die Erkrankung, Sars-CoV-2 heißt der Erreger.
- Die Verbreitung erfolgt in erster Linie durch Tröpfcheninfektion und Aerosole (Atemsprühnebel). Letztere werden schon beim Sprechen und Atmen permanent in die Umgebung abgegeben und halten sich vor allem in geschlossenen Räumen stundenlang in vermehrungsfähigem Zustand in der Luft. Eine Übertragung über Kontaktoberflächen ist grundsätzlich auch möglich, da das Virus mehrere Tage außerhalb eines Organismus überleben kann, scheint aber in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle zu spielen.
- Gegen die Tröpfcheninfektion hilft vorsorglich häufiges Händewaschen und Händedesinfizieren sowie Husten und Nießen in die Ellenbeuge sowie möglichst nicht ins Gesicht fassen. Gegen die Aerosolinfektion hilft nur Abstandhalten und Bedecken von Mund UND Nase. Dabei hat auch ein einfaches Stofftuch bereits einen guten Effekt. Allerdings funktioniert das nur, wenn alle mitmachen und wir uns gegenseitig schützen.
- Entgegen der weitläufigen Meinung von Maskengegnern konnte mittlerweile der gute schützende Effekt auch von einfachen Stoffmasken bewiesen werden. Ferner wurden behauptete negative Effekte wie eine relevante Rückatmung von CO2 widerlegt. In den USA haben zwei infizierte Stylisten nur deshalb keine ihre 140 Kontaktpersonen angesteckt, weil sie konsequent Masken trugen!
- Der überwiegende Teil der Infizierten scheint vorwiegend milde Symptome zu entwickeln. Ein kleiner Teil bleibt vollkommen symptomfrei, kann die Erkrankung aber dennoch weiter geben. Es gibt daher kaum einen Grund, keine Maske zu tragen. Auch eine chronische Lungenerkrankung ist eher ein Grund FÜR eine Maske und ihren Schutz als dagegen.
- Schwerwiegende Komplikationen bis hin zum Tod kommen zwar überwiegend bei sogenannten Hochrisikogruppen vor (Alter über 50-60 Jahre, starkes Übergewicht, Organerkrankungen, Diabetes mellitus, Krebs, angeborene/erworbene oder medikamentös verursachte Immunschwäche), werden aber auch bei Menschen ohne Vorerkrankungen beschrieben. Damit ist potenziell wirklich jeder gefährdet!
- Zusätzlich zu den Akutkomplikationen scheinen auch Langzeitschäden möglich zu sein: Das sind vor allem nicht umkehrbare Organschäden der Lunge. Möglich sind jedoch auch Beeinträchtigungen von Herz, Nieren und Nervensystem. Für belastbare Aussagen fehlt hier aber schlichtweg noch die Langzeiterfahrung. COVID19 ist definitiv keine harmlose Erkrankung!
- Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel durch positive Nasen-Rachen-Abstriche. Leider gibt es hier viele falsch-negative Ergebnisse, so dass der Ausschluss einer Infektion auf diesem Wege nicht möglich ist. Bei negativem Abstrich und weiterhin bestehendem Verdacht kann ein zweimaliger Bluttest auf Antikörper und/oder eine Computertomografie der Lunge evtl. Diagnosesicherheit bringen.
- Eine Behandlung gibt es bisher nicht! Es gibt nur Medikamente, die den Verlauf günstig beeinflussen können. Aufgrund der unsicheren Datenlage und potenziellen Risiken/Nebenwirkungen sind diese aber einer stationären Therapie bzw. einer schweren Erkrankung vorbehalten. Vorbeugend sind sie nicht sinnvoll.
- Eine erneute Erkrankung nach durchgemachter Erkrankung ist nach derzeitigem Wissenstand innerhalb eines Jahres unwahrscheinlich. Allerdings sinken die Antikörper nach neuesten Erkenntnissen schon nach wenigen Wochen wieder ab, so dass nicht mit Sicherheit von einer Immunität ausgegangen werden kann. Antikörpertests zur Bestimmung der Immunität nach po-tenziell durchgemachter Erkrankung machen daher wegen der fehlenden Aussagekraft keinen Sinn.
- Bei früheren weltweiten Pandemien war die zweite Welle meist heftiger und mit deutlich mehr Todesfällen als die erste Welle. San Francisco hatte während der Spanischen Grippe 1918 aufgrund von Maskengegnerprotesten die Maskenpflicht nach der ersten Welle abgeschafft und wurde dadurch deutlich heftiger von der zweiten Welle getroffen als z.B. New York, wo die Maskenpflicht weiter aufrechterhalten worden war.
- Erste Impfstoffe befinden sich derzeit in Testphasen, allerdings ist es noch zu früh, um Angaben über ihre Wirksamkeit zu machen. Zudem muss ein neu entwickelter Impfstoff ja auch erst einmal in ausreichender Menge hergestellt werden. Es ist derzeit unwahrscheinlich, dass vor Sommer 2021 ein massentauglicher Impfstoff zur Verfügung steht.
Aktuelles zur Praxisorganisation
Die Corona-Pandemie wird uns noch einige Zeit beschäftigen. Auch wenn derzeit überall von Lockerungen die Rede ist, gibt es weiterhin beim Besuch der Praxis einige Besonderheiten zu beachten:
- Wir bieten immer noch keine offene Sprechstunde an. Es gibt eine Terminsprechstunde, in der auch kurzfristig noch Patienten eingeplant werden können. Die Terminplanung sollte bevorzugt online über http://termin.hausarzt-puetz.de erfolgen. Telefonisch, per E-Mail oder mittels Kontaktformular ist dies natürlich ebenfalls möglich, bleiben Sie dann in jedem Fall aber bitte auch für Rückfragen erreichbar. Wenn sich ein Anliegen telefonisch oder per Videosprechstunde lösen lässt, bevorzugen wir diesen Weg. Sollte es keinen Termin mehr geben, dann weisen wir Ihnen telefonisch ein Zeitfenster zu. Sollten Sie krank sein, teilen Sie Ihre Symptome bitte dem Praxispersonal bereits am Telefon unaufgefordert mit.
- Eine Zusendung von Rezepten, Überweisungen oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist uns seit dem 1.7.2020 nicht mehr erlaubt. Hierfür ist also grundsätzlich eine Vorstellung in der Praxis notwendig.
- Alle Patienten werden gebeten, sich beim Betreten der Praxis am Desinfektionsmittelspender neben der Tür die Hände zu desinfizieren. In der Praxis gilt Maskenpflicht! Auch für Patienten, die ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen haben! Auch wenn die Maskenpflicht von der Politik wieder aufgehoben werden sollte! Wem es nicht möglich ist, die Praxis mit Maske aufzusuchen, für den besteht die Möglichkeit, einen Termin in der Telefon-/Videosprechstunde zu vereinbaren.
- In Absprache mit den anderen Praxen des Ärztehauses gilt die Maskenpflicht auch im gesamten Treppenhaus und natürlich im Aufzug! Sollten sich Warteschlangen vor den Praxistüren entwickeln, halten Sie bitte Abstand!
- Folgerezepte und Überweisungen sind bitte ausnahmslos vorzubestellen (http://rezept.hausarzt-puetz.de oder 0228/90827974). Dadurch lässt sich der Aufenthalt in der Praxis zur reinen Abholung sehr kurz gestalten. Wer nicht vorbestellt hat, muss leider zur Abholung erneut erscheinen, denn eine kurzfristige Ausstellung lässt sich derzeit nicht realisieren.
- Die gesetzlichen Bestimmungen verpflichten den Arbeitnehmer zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem dritten Fehltag. Auch wenn manche Arbeitgeber diese bereits ab dem ersten Fehltag verlangen, ist das in Coronazeiten kein Grund eine Praxis aufzusuchen. Wir stellen daher zurzeit grundsätzlich nur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über mindestens 3 Tage Dauer aus. Dies ermöglicht uns auch, Ihren Praxisbesuch flexibler einzuplanen, denn bis zu 3 Tagen dürfen wir auch rückwirkend bescheinigen.
Wann macht der Abstrich auf SARS-CoV2 Sinn, wer trägt die Kosten und wie reagiere ich richtig auf die Abstrichaufforderung der Corona-Warn-App?
Die Feststellung einer COVID19-Erkrankung erfolgt über einen so genannten tiefen Nasen-Rachen-Abstrich. Aus dem Abstrich werden im Labor die Viren vermehrt, so dass selbst kleinste Mengen nachgewiesen werden können. Dafür muss jedoch mindestens ein vermehrungsfähiger SARS-CoV-2-Erreger im Abstrich enthalten sein. Das ist frühestens 3 Tage nach Infektion der Fall. Im Verlaufe der Erkrankung können die Viren aus dem Rachen aber auch wieder verschwinden, so dass selbst bei eindeutig vorliegender COVID19-Erkrankung der Abstrich negativ sein kann. Ferner erhält man falsch-negative Ergebnisse, wenn der Abstrich z.B. nicht tief genug gemacht wurde (durch die Nase horizontal bis an den Rachen).
Aus diesem Grunde ist es unmöglich, eine COVID19-Erkrankung mittels Rachenabstrich auszuschließen. Daher ist es auch nicht möglich, ein diesbezügliches Attest auszustellen, wenngleich manche Arbeitgeber oder Urlaubsziele ein solches wünschen. Bei einem negativen Abstrich kann lediglich bescheinigt werden, dass am Tag der Abstrichentnahme keine Virusausscheidung nachgewiesen werden konnte. Wenn dieser Abstrich z.B. an Tag 2 der Infektion gemacht wurde, kann die tatsächliche Situation bereits einen Tag später bei der Mitteilung des Ergebnisses schon eine völlig andere sein. Werden nun 2 oder mehr Abstriche mit negativem Ergebnis gemacht (Mindestabstand 5, besser 7 Tage), erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass keine COVID19-Erkrankung vorliegt. Für einen gewünschten wahrscheinlichen Ausschluss einer Erkrankung wäre das der sinnvollste Weg.
Der Abstrich hat seinen Sinn aber eher im Nachweis der Erkrankung bei klinischem Krankheitsverdacht. Nur vor diesem Hintergrund ist er in Deutschland als Kassenleistung abrechenbar. Es müssen also Symptome und ggf. auch Umstände wie Kontakt zu positiv getesteten Personen vorliegen, um auf Kassenkosten einen Abstrich durchführen zu lassen. Daher ist es grundsätzlich nicht möglich, symptomfreie Personen auf Kassenkosten abzustreichen.
Es gibt jedoch eine Ausnahme: Hat die Corona-Warn-App Sie aufgefordert, sich testen zu lassen, ist ein Test in der Arztpraxis möglich, da in diesem Fall die Finanzierung geklärt ist. Sollten Sie diesen Hinweis der App erhalten, melden Sie sich telefonisch für einen Abstrichtermin. Tragen Sie grundsätzlich bei Kontakt zu anderen Menschen einen Mund-Nase-Schutz und meiden Sie außerdem generell Kontakte bis ein negatives Testergebnis vorliegt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung können wir nur ausstellen, wenn Krankheitssymptome bestehen. Für eine eventuelle Quarantänemaßnahme ist das Gesundheitsamt zuständig.
Mit dem Gesundheitsamt besteht derzeit keine Finanzierungsvereinbarung, so dass wir keine Testungen im Auftrag des Gesundheitsamtes (z.B. bei gesunden Reiserückkehrern aus Risikogebieten oder bei symptomlosen Kontaktpersonen von positiv Getesteten) durchführen können. Entgegen der häufigen Aussage des Gesundheitsamtes können wir diese Personen auch nicht bei der zentralen Abstrichstelle in Siegburg anmelden. Das kann nur das Gesundheitsamt selbst.
Die Gesundheitsminister der Länder haben aber gerade beschlossen, dass alle Reiserückkehrer sich kostenlos testen lassen können. Sobald die Abrechnung dieser Tests geklärt ist, werden wir auch in unserer Praxis testen. Fragen Sie bitte nach!
Ferner bezahlt das Land NRW die regelmäßige Testung von Lehrkräften. Diese erhalten vermutlich eine Bescheinigung von Ihrem Arbeitgeber, mit der sie sich dann in der Praxis testen lassen können.
Keuchhusten-Impfung nun auch in Deutschland während der Schwangerschaft empfohlen
Keuchhusten ist weit verbreitet und für Erwachsene lästig, aber harmlos. Für unge-impfte Säuglinge (insbesondere Neugeborene) kann eine Keuchhusten-Infektionjedoch tödlich enden. Da eine Keuchhustenerkrankung leider keine lebenslange Immunität erzeugt und die Impfung vermutlich noch nicht einmal für 5 Jahre einen sicheren Schutz bietet, ist eine regelmäßige Auffrischungsimpfung notwendig. In Deutschland gibt es Keuchhusten nur in Kombinationsimpfstoffen mit Tetanus und Diphterie und ggf. Kinderlähmung.
Bisher galt die Empfehlung, dass alle Personen in der Umgebung eines Neugeborenen sich auffrischen lassen sollten. Leider fällt ein Antikörpertiter nach der Impfung schnell wieder ab, so dass selbst eine Impfung kurz vor einer geplanten Schwangerschaft nicht für einen Nestschutz des Neugeborenen sorgt. Aus diesem Grunde wird in vielen Ländern die Keuchhusten-Impfung bei der künftigen Mutter bereits während der Schwangerschaft durchgeführt. Die dabei von der Mutter gebildeten Antikörper gelangen durch den Mutterkuchen in den Blutkreislauf des Kindes und können so das Kind vor Keuchhusten schützen, bis das Kind durch mindestens 2 eigene Impfungen einen eigenen Schutz aufgebaut hat.
Bei den verwendeten Impfstoffen handelt es sich um Totimpfungen, die grundsätzlich auch in der Schwangerschaft möglich und verträglich sind. Empfohlen ist eine Impfung im letzten Schwangerschaftsdrittel. Bei drohender Frühgeburt kann sie aber auch vorgezogen werden. Sollte eine Impfung während der Schwangerschaft nicht möglich sein, ist es natürlich weiterhin notwendig, dass alle Personen, die in den ersten vier Lebensmonaten Kontakt zum Neugeborenen haben möchten, ihren Impfschutz auffrischen lassen.
Aktuelle unsinnige Entscheidungen im deutschen Gesundheitswesen
Der gemeinsame Bundesausschuss G-BA (Zusammensetzung und Aufgaben habe ich in der letzten Ausgabe bereits erläutert) hat wieder gegen die Stimmen der Ärzte eine Entscheidung gefällt: Die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ist in keinem Fall mehr telefonisch möglich. Der Patient muss sich für jede AU zwingend während der Erkrankung in die Praxis begeben. Einzige zugelassene Ausnahme ist eine AU für maximal 7 Tage mittels Videosprechstunde bei bekannten Patienten und die Ver-längerung einer AU mittels Videosprechstunde für maximal 7 Tage, wenn die Erst-bescheinigung bei einem Praxisbesuch erfolgte.
Auch der Corona-Schutzschirm ist leider durch eine Fehlentscheidung der Selbst-verwaltung nur eine Mogelpackung: Nach Protesten aus der Ärzteschaft war Kurz-arbeit trotz Schutzschirm von der Arbeitsagentur wieder genehmigt worden, mit der Folge, dass der Schutzschirm nach Verhandlungen mit den Krankenkassen nun um das erhaltene Kurzarbeitergeld gekürzt wird. Darüber hinaus werden weitere erhal-tene Fördergelder ebenfalls abgezogen. Eine Honorargarantie im Bereich der ge-setzlichen Krankenversicherung von 90% bedeutet unter Berücksichtigung gestie-gener Ausgaben und wegfallender Privateinnahmen immer noch einen effektiven Verlust für jede Praxis von 30-50%!
Seit dem 1.7. werden auch Porto- und Kopierkosten für gesetzlich Versicherte nicht mehr übernommen. Dadurch sollte die elektronische Kommunikation gefördert werden. Leider existiert der dafür vorgesehene Dienst noch gar nicht! Ebenso wenig ist die dafür notwendige Technik erhältlich! Unsere Patienten können jedoch trotzdem noch kostenlose Befundkopien erhalten: Über die LifeTime-App oder per verschlüsselter E-Mailübertragung. Sollen Befunde an ein Krankenhaus oder einen Facharzt übermittelt werden, können wir diese kostenlos aus dem Computer heraus faxen.
Neuerdings dürfen auch Apotheker in Nordrhein die Grippeimpfung durchführen. Ob das sinnvoll ist, mag jeder selbst entscheiden. Notwendig ist es nicht, denn Impfkapazitäten gibt es in den Praxen genug. Bemerkenswert finde ich aber die Tatsache, dass die Apotheker von der AOK für die Grippeimpfung 12,61 € erhalten (zusätzlich zum Verkaufserlös des Impfstoffs), während der Arzt gerade mal 7,62 € erhält. Trotz der lächerlichen Honorierung werden wir aber in der Praxis ab Ende September natürlich wieder umfassend impfen, da die Impfung gerade in Corona-zeiten nur zu empfehlen ist.
Ein weiterer Konfliktherd ist die Telematik-Infrastruktur (TI): Bisher ist lediglich seit 2017 der Versichertenstammdatenabgleich möglich (beim Einführen der Karte in das Lesegerät wird in Echtzeit überprüft, ob die Patientendaten mit den aktuell bei der Krankenkasse hinterlegten Daten übereinstimmen; eine Änderung der Daten ist nicht möglich). Ein weitestgehend sinnloser Dienst, der dieses aufwendige System kaum rechtfertigt. Ab Januar sollen nun die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die elektronische Patientenakte kommen. Für beide Dienste war eine 6-monatige Einführungs-/Testphase vorgesehen, die demnach am 1.7.2020 hätte starten müssen. Leider gibt es bis Ende Juli immer noch nicht die dafür notwendige Technik. Auch der notwendigen Heilberufsausweis kann noch nicht bestellt werden. Aber allen Praxen, die ab dem 1.1.2021 keine elektronische AU ausstellen können, wird laut Mitteilung der KV mit Zulassungsentzug gedroht. Das Bundesgesundheitsministerium will dennoch ohne Rücksicht an allen Fristen fest-halten. TI geht nur MIT den Ärzten, nicht gegen sie!
Die elektronische AU ab 1.1.2021 muss übrigens neben der elektronischen Über-mittlung und digitalen Signierung mittels Heilberufsausweis und PIN-Eingabe auch weiterhin ausgedruckt und unterschrieben werden, da die Arbeitgeber diese nicht elektronisch erhalten können. Der Arbeitsaufwand wird sich also für die Ärzte mehr als verdoppeln, ohne dass dafür eine entsprechende Vergütung geplant ist. In An-betracht der Tatsache, dass bei Ärztemangel und überlasteten Praxen jede Arbeitsunfähigkeit unter 7 Tagen eigentlich nur unnötige Bürokratie darstellt, denn ein Arzt wird bei 7 Tage dauernden Infekten in der Regel nicht benötigt, ist das ein zu-sätzliches Ärgernis. Aber zusätzliche ärztliche Arbeitszeit kostet im budgetierten System ja nichts…
Aktuell besteht noch ein Streit zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG): Die KV hat eine Sicherheitsrichtlinie für Praxen entwickelt, deren Umsetzung vermutlich jede Praxis einen 5stelligen Eu-robetrag kosten und somit kaum zu realisieren sein wird. Das BMG bleibt aber dabei, dass diese jetzt umgesetzt werden soll und will die Klärung der Finanzierung der Selbstverwaltung (KV und Krankenkassen) überlassen. Dass das nicht funktioniert und man der Selbstverwaltung eigentlich schon lange keine Entscheidungen mehr überlassen kann, habe ich bereits an mehreren Beispielen in dieser Praxis-Information gezeigt. Das hat nun endlich auch die KV selbst eingesehen und weigert sich deshalb, diese Richtlinie umzusetzen, bevor nicht der Gesetzgeber die Kostenfrage eindeutig geklärt hat. Das BMG droht wiederum jetzt mit Ersatzvor-nahme. Es wird also noch sehr spannend… Aber an diesem Beispiel sieht man sehr schön, welchen Stellenwert die Ärzte in den Augen der Politik haben. Anstatt auf Ängste und Probleme konstruktiv einzugehen, wird einfach politischer Wille ohne Rücksicht durchgesetzt. Ob sich so langfristig der Ärztemangel beheben lässt, darf stark bezweifelt werden.
Die Praxis-Information ab sofort auch im E-Mail-Newsletter und auf Facebook
Diese Praxis-Information wird nun auch mittels E-Mail-Newsletter versendet. Sie können sich für den Empfang unter http://news.hausarzt-puetz.de registrieren. Dort finden Sie auch das Newsletter-Archiv.
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Sie können sie aber natürlich auch wie bisher in ausgedruckter Form in der Praxis erhalten.