Liebe Patientinnen und Patienten!
Leider fehlt mir die Zeit, häufiger einen Newsletter zu verfassen, doch Erwähnenswertes gäbe es mehr als genug. Ich habe dennoch versucht, eine Auswahl von wichtigen Themen kurz und verständlich zusammenzustellen.
Der Hausarztmangel in Niederkassel besteht weiterhin. Stand November 2019 gibt es 6 freie Hausarztsitze, wobei der halbe Sitz von Frau Knuf-Reichow in dieser Zahl noch fehlt, da er ein halbes Jahr nach Ausscheiden für mich reserviert bleibt.
Ab Januar 2020 wird es allerdings eine leichte Entlastung durch eine neue hausärztliche Niederlassung in Lülsdorf geben.
So lange den Ärzten eine betriebswirtschaftlich kalkulierte Honorierung verweigert wird und die bestehende auch noch durch eine Mengenbegrenzung jedes Quartal gekürzt wird, so lange Regressgefahren bestehen und Krankenkassen ohne Mehrkosten die Arztpraxen mit bürokratischen Anfragen überhäufen dürfen, so lange wird sich auch an dem Ärztemangel nichts ändern.
Leider versucht die aktuelle Politik durch Aktionismus und neue Zwänge für Ärzte den Mangel zu verwalten, anstatt ihn zu beheben.
Bisher möchte ich meine Praxis für Neuzugänge nicht schließen, denn ich finde nicht, dass der Patient der Leidtragende der verfehlten Gesundheitspolitik sein sollte. Allerdings kommen auch wir mittlerweile an unsere Grenzen. Wir versuchen Wartezeiten grundsätzlich kurz zu halten, doch sie lassen sich leider nicht vermeiden.
Ihr Dominik Pütz
Praxis-Öffnungszeiten in den Weihnachtsferien
Die Praxis ist an allen Werktagen in den Weihnachtsferien geöffnet (ausgenommen Heilig Abend und Silvester). Vom 23.12.2019 bis zum 3.1.2020 vertreten wir auch andere Ärzte in Niederkassel und haben deswegen nur eine Notfallsprechstunde ohne Terminmöglichkeit eingerichtet. Eine Ausnahme gibt es lediglich für planbare notwendige Verlaufskontrollen.
Die Öffnungszeiten im genannten Zeitraum lauten wie folgt: montags und Donnerstag 8-11 Uhr und 14-16 Uhr, freitags 8-11 Uhr
Außerhalb dieser Zeiten besteht weder die Möglichkeit zum Arztkontakt noch zur Abholung von vorbestellten Rezepten und Überweisungen.
Pauschale ärztliche Attestpflicht für Schüler nicht legitim
In mehreren Schulen der Region wurde bei den Pflegschaftssitzungen die Aussage verbreitet, dass pauschal ab dem 3. Krankheitstag ein ärztliches Attest vorzulegen ist. Ferner werden häufig ärztliche Atteste unmittelbar vor und nach den Ferien oder Wochenenden verlangt.
Diese pauschale Attestpflicht für jedes Kind ist nicht durch die Gesetzgebung gedeckt und damit illegal. Ferner sollte auch im Hinblick auf den Ärztemangel ein Arztbesuch nur aus medizinischen Gründen erfolgen. Da grippale Infekte meist 1-2 Wochen dauern, ist bei einer harmlosen Erkrankung bis zu einer Woche in der Regel keine ärztliche Vorstellung nötig.
Diesbezüglich verweise ich auf das Schulgesetz NRW, aus dem ich den entscheidenden Passus zitieren möchte:
§ 43 Teilnahme am Unterricht und an sonstigen Schulveranstaltungen
(2) Ist eine Schülerin oder ein Schüler durch Krankheit oder aus anderen nicht vorhersehbaren Gründen verhindert, die Schule zu besuchen, so be-nachrichtigen die Eltern unverzüglich die Schule und teilen schriftlich den Grund für das Schulversäumnis mit. Bei begründeten Zweifeln, ob Unterricht aus gesundheitlichen Gründen versäumt wird, kann die Schule von den Eltern ein ärztliches Attest verlangen und in besonderen Fällen ein schulärztliches oder amtsärztliches Gutachten einholen.
Es wird also ausdrücklich festgelegt, dass nur die Eltern das Fehlen zu entschuldigen haben und dass nur bei begründeten Zweifeln ein ärztliches Attest verlangt werden kann. Die pauschale Attestpflicht kriminalisiert alle Schüler und deren Eltern, indem sie den Eltern pauschal unterstellt, die Unwahrheit zu sagen.
Diese aus medizinischer Sicht eigentlich unnötigen Arztkontakte binden die immer knapper werdenden ärztlichen Ressourcen.
Außerdem ist dieses Thema bereits zwischen Landeselternschaft und Schulministerium NRW geklärt worden. Hier wurde vom Landesschulministerium ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verlangen eines ärztlichen Attestes einer vorherigen Einzelfallprüfung bedarf (https://le-gymnasien-nrw.de/index.php?id=184).
Schulatteste sind im Gegensatz zu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kein Bestandteil der kassenärztlichen Leistung und somit grundsätzlich kostenpflichtig. Liegt keine Erkrankung vor (z.B. bei geforderter Bescheinigung über Läusefreiheit) ist auch die zugehörige Untersuchung kostenpflichtig.Neue Impfempfehlungen für Deutschland
Seit einigen Monaten gibt es die neue Impfempfehlung gegen Gürtelrose für alle Patienten ab 60 Jahre und Risikopatienten ab 50 Jahre. Bei nahezu allen Personen dieser Indikationsgruppe ist davon auszugehen, dass sie in der Kindheit die Windpocken (bemerkt oder unbemerkt) durchgemacht haben.
Das Windpocken-Virus kann sich über Jahrzehnte im Nervensystem verstecken und dann bei Immunschwäche reaktiviert werden und eine Gürtelrose verursachen. Diese tritt klassischerweise im Hautbereich des befallenen Nerven auf, also stets einseitig und im Rumpfbereich ringförmig um den Rumpf. Es zeigen sich flüssigkeitsgefüllte Blasen in Gruppen und eine schmerzhafte Rötung. Dieser Ausschlag ist bei direktem Haut-an-Haut-Kontakt ansteckend.
Unbehandelt breitet sich die Erkrankung innerhalb weniger Stunden aus, so dass eine Behandlung möglichst innerhalb von 24 Stunden nach dem ersten Auftreten von Symptomen begonnen werden soll. Das Risiko einer dauerhaften Nervenschädigung erhöht sich mit der Zeit der Nicht-Behandlung. Eine Heilung ist nicht möglich, denn das Virus verbleibt lebenslang in der Nervenzelle und kann jederzeit erneut reaktiviert werden.
Die Impfung gegen Gürtelrose unterscheidet sich von anderen Impfungen dahingehend, dass sie nicht die Infektion verhindert, sondern die Reaktivierung der vorhandenen Viren. Es handelt sich um einen Totimpfstoff, der somit auch immungeschwächten Personen verimpft werden darf. Ab einem Lebensalter von 50 Jahren steigt das Risiko für die Entwicklung einer Gürtelrose deutlich an.
Derzeit ist die Impfung Kassenleistung für alle Patienten ab 60 Jahren und für Patienten ab 50 Jahren mit einer der folgenden Grunderkrankungen: HIV-Infektion, rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes und andere Autoimmunerkrankungen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (=chronische Bronchitis/COPD), Asthma bronchiale, chronische Niereninsuffizienz (mit/ohne Dialyse), Diabetes mellitus sowie für immunsupprimierte Personen.
Die Impfung ist sehr reaktogen und führt in vielen Fällen für 1-2 Tage zu Kreislaufproblemen und Fieber. Das sollte bei der Planung des Impfzeitpunktes bedacht werden. Es müssen zwei Impfungen im Abstand von 2-6 Monaten durchgeführt werden. Eine Impfung alleine bietet keinen ausreichenden Schutz.2017/2018 Tödlichste Grippesaison seit 30 Jahren
Die Saison 2017/2018 war die tödlichste seit 30 Jahren. Das lag vor allem daran, dass der von den Krankenkassen bezahlte Dreifach-Impfstoff nicht die richtige Zusammensetzung hatte. In der Saison 2018/2019 haben die Krankenkassen erstmalig die Kosten für den Vierfach-Impfstoff übernommen. Diese Saison verlief dadurch wieder deutlich milder. Auch in der kommenden Saison steht für Kassenpatienten wieder der Vierfach-Impfstoff zur Verfügung.
Erfahrungsgemäß kommt die große "Grippewelle" nach Karneval. Eine Impfung macht also auch noch bis Februar Sinn. Grippe-Impfstoff ist bereits seit Ende September ausreichend in der Praxis vorhanden, kommen Sie vorbei und lassen Sie sich impfen!
Empfohlen ist die Impfung für die folgenden Risikopersonen:
· schwangere Frauen
· ältere Menschen (ab 60 Jahren)
· Patienten aller Altersgruppen mit chronischen Erkrankungen
Weitere Gruppen, für die die Grippe-Impfung empfohlen wird, sind:
· Alle Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen
· Menschen mit regelmäßigem beruflichem oder privatem Kontakt zu den oben genannten gefährdeten Personen (Pflegekräfte, Apothekenmitarbeiter, medizinisches Personal, Verwandte)
· Menschen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr und somit erhöhter Ansteckungs- und Verbreitungsgefahr (z.B. Schule, Einzelhandel, Gastronomie, Großraumbüro, …)
Der Impfstoff gegen die Schweinegrippe ist im jährlichen Grippe-Impfstoff enthalten. Eine Anwendung in der Schwangerschaft sollte vorzugsweise ab dem 4. Monat vorgenommen werden. Bei Risikopatientinnen ist diese aber auch schon vorher möglich.
„Spahnsinnige“ Gesetzgebung I – Nutzung der Terminservicestellen (TSS)
Die Politik versucht nun mit neuen Gesetzen der Terminknappheit entgegen zu wirken. Dass die Budgets und die Mengenbegrenzung des Honorars mit verantwortlich für die Terminknappheit sind, hat die Politik mittlerweile begriffen. Leider ist die Zahlung extrabudgetärer Honorare eine Farce solange nicht die Mengenbegrenzung der Gesamtvergütung abgeschafft wird und sie wird daher nicht zu zusätzlichen Terminen führen.
Aktuell zahlen die Krankenkassen einen festen Betrag für alle Ärzte. Von diesem Betrag werden neben dem Notdienst auch die Kosten für das Gesamtdeutsche Patientenlabor und die Betreibung der Terminservicestellen abgezogen (richtig, die TSS werden nicht von den Kassen oder der Bevölkerung, sondern allein von den Ärzten bezahlt). Der verbleibende Betrag wird nach Haus- und Fachärzten getrennt und dann über ein kompliziertes Punktesystem an alle Ärzte verteilt. Gibt es also z.B. eine Epidemie mit mehr Behandlungsnotwendigkeit, erhalten die Ärzte am Ende weniger Geld für jede einzelne Leistung, weil sich die Gesamtgeldmenge bei Mehrarbeit nicht erhöht.
Nimmt ein Arzt einen von der Terminservicestelle vermittelten Patienten an, erhält er das Honorar für diesen Patienten extrabudgetär. Zusätzlich erhält er einen Aufschlag, je nachdem wie schnell er den Patienten aufnimmt.
Im Falle eines Orthopäden als Beispiel sind das zwischen 4,- und 15,- € mehr Honorar bei der Abrechnung der Quartalspauschale. Dafür gibt es dann aber auch eine ganze Menge bürokratischen Aufwand zu bewältigen. Honorar wird übrigens erst zum vergleichbaren Bruttolohn, wenn man die Kosten für Praxis und Personal abzieht. Die liegen bei einer gut geführten Praxis ungefähr bei 60%. Der ungefähre Bruttomehrlohn liegt also bei 2,- bis 6,- €. Netto bleibt dann noch etwa die Hälfte.
Die mengenbegrenzte Gesamtvergütung wird um die extrabudgetären Honorare bereinigt, so dass die Kassen tatsächlich nur die genannten Summen zusätzlich bezahlen müssen. Da sich die Mengenbegrenzung nicht ändert, sind diese Summen somit das einzige, was an Mehreinnahmen durch zusätzliche Termine zu generieren ist, denn eine vermehrte Abrechnung der Grundpauschale führt nicht zu mehr Honorar, sondern zum Wertverlust der einzelnen Abrechnungsposition.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: entweder der Orthopäde macht Überstunden, um zusätzliche Termine zu generieren und mehr Patienten zu behandeln (und da die Orthopäden nicht unter Arbeitsmangel leiden, würde lediglich Zusatzarbeit zu mehr Terminen führen), was angesichts des geringen Zusatzhonorars nicht zu erwarten ist. Oder der Orthopäde nimmt weniger normale Patienten auf, um mehr Vermittlungsfälle behandeln zu können, was sich allerdings aufgrund der bürokratischen Mehrbelastung auch nicht wirklich lohnt. Wie durch diese Maßnahme auch nur ein zusätzlicher Termin generiert werden soll, erschließt sich mir nicht.
Zudem ist die Ausfallquote ist bei Vermittlungspatienten mit gut 30% deutlich höher als bei anderen Terminpatienten. Der Arzt hat dabei aber keinerlei Anspruch auf ein Ausfallhonorar und der Patient ist nicht verpflichtet den Termin wahrzunehmen oder abzusagen.
Fassen wir zusammen: Vermittlungspatienten lohnen sich für die niedergelassenen Ärzte nicht und für jeden Vermittlungsfall muss ein anderer Patient länger auf seinen Termin warten. Ferner bedeutet jeder Vermittlungspatient ein höheres Ausfallrisiko und sogar potenzielle Honorarverluste. Die ineffektiven und eigentlich unnötigen Terminservicestellen werden auf Kosten der Ärzte betrieben und mindern das ärztliche Honorar noch zusätzlich. Die TSS sind somit nichts anderes als populistischer Aktionismus!
Um die TSS nutzen zu dürfen, ist ein Dringlichkeitsaufkleber auf der Überweisung notwendig. Dabei handelt es sich nicht um eine Serviceleistung um die man den Hausarzt bitten kann. Lediglich medizinische Gründe dürfen Ausschlag für die Markierung der Dringlichkeit geben. Der Hausarzt ist zur Überprüfung verpflichtet und auch das kostet Zeit. Daher gibt es den Aufkleber bei medizinischer Dringlichkeit bereits unaufgefordert bei der Ausstellung der Überweisung. Eine nachträgliche Dringlichkeitsbescheinigung gibt es somit nur bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes. In der Regel ist für die nachträgliche Prüfung der Dringlichkeit eine erneute Terminvereinbarung notwendig.„Spahnsinnige“ Gesetzgebung II – Terminvermittlung durch Hausärzte
Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit für Hausärzte, Termine zu vermitteln. Wenn es mir gelingt, einen Facharzttermin für einen Patienten innerhalb von 4 Kalendertagen zu organisieren, erhalte ich dafür etwa 10,- €. Bekomme ich bei einem Telefonat am Donnerstag erst für ab dem kommenden Dienstag ein Termin beim Facharzt, Wird mir die zeitaufwendige Vermittlung nicht vergütet. Somit wird diese Option der Terminvermittlung nur bei gefährlichen Zuständen und ohne zusätzliche Aufforderung direkt von uns ausgeführt.
Es tut mir leid, dass ich hier keine kurzfristige Lösung anbieten kann, aber wir haben durch Verfehlungen in der Gesundheitspolitik in den letzten 30 Jahren einen Arzt- und Terminmangel in Deutschland, der sich sicher nicht durch derartige populistische Schnellschüsse beheben lässt. Die knappen Termine müssen nach medizinischer Dringlichkeit vergeben werden und nicht danach, wer am lautesten/dreistesten schreit. Wir Ärzte arbeiten schon lange am Limit und können keine zusätzlichen Termine aus dem Ärmel schütteln.
Aus diesem Grunde werden von meiner Praxis auch Überweisungen zu Fachärzten nicht mehr ausgestellt, ohne dass eine konkrete Grunderkrankung besteht oder von uns der Verdacht auf eine Grunderkrankung geäußert wurde. Wunschbesuche beim Facharzt müssen daher ohne Überweisung erfolgen.